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Ständig erreichbar
Die ständige Erreichbarkeit ist ein Thema für sich. Hängt man gerade durch & fühlt sich einsam, kann so manch eine Nachricht genau zur richtigen Zeit aufleuchten. Die Möglichkeit, einfach & schnell einen Videoanruf starten zu können oder Anträge endlich per Mail statt postalisch versenden zu dürfen, finden wir doch sehr bereichernd. Schnelles digitales Kommunizieren passt einfach in unseren Alltag.
Schwierig wird es, wenn aus der Möglichkeit eine entgrenzte Pflicht oder eine achtlose Gewohnheit wird. Die Entgrenzung von Studium & Privatleben gehört ohnehin bereits zum Leben eines Studierenden „Ich müsste jetzt noch was machen!“ Wir glauben, dass wir diese Entgrenzung nicht normalisieren sollten. E-Mails von der Hochschule, Lehrenden & Mitstudierenden gehen gefühlt rund um die Uhr ein.
- Für den einen ist die Flut an Nachrichten so überwältigend, dass er* Angst entwickelt, sein* Postfach überhaupt zu checken & es daraufhin verdrängt - Vermeidung.
- Die* andere* prüft dagegen täglich mehrfach, welche Nachrichten eintreffen, antwortet ggf. unverzüglich & arbeitet alle kurzfristigen Aufträge pflichtbewusst ab, auch wenn sie die morgige Veranstaltung betreffen - Überkompensation.
In beiden Fällen wird das Erleben wahrscheinlich kein gutes sein. Es ist also hilfreich für dich, wenn du deine Grundannahmen über & deinen Umgang mit der permanenten Erreichbarkeit reflektierst & dir überlegst, wie du im Studium damit umgehen möchtest. Natürlich wollen wir alle auch nichts Wichtiges verpassen, schließlich wäre das womöglich zum eigenen Nachteil.
Was wir dir für die Korrespondenzen in der Uni raten:
Gruppenarbeiten
Trefft Absprachen, die die Erreichbarkeit der Mitglieder betreffen. Was sind eure jeweiligen Erwartungen? Schaffe Klarheit über deine Erreichbarkeit, sei kompromissbereit, achte dabei aber auch deine Grenzen.
E-Mail Verkehr
- Decke in einem ersten Schritt deine Grundannahmen über den Umgang mit E-Mails auf z. B.: „Wenn ich nicht unverzüglich antworte, ist das unhöflich/ unzuverlässig/ Schlamperei.“ oder „Die Erwartung ist, dass ich die Aufgaben in den E-Mails alle wie gewünscht abarbeite.“
- Prüfe einmal, aufgrund welcher „Belege“ du an diesen Annahmen festhältst.
- Welchen Standard erhebst du bei anderen? Wirst du wütend, wenn du nicht gleich am nächsten Tag eine Rückmeldung bekommst oder geduldest du dich für ein paar Tage. Gibt es hier vielleicht einen Doppelstandard?
- Wenn du die Notwendigkeit siehst, kannst du ungünstige Grundannahmen korrigieren.
- Stehst du tatsächlich im persönlichen Austausch mit einer lehrenden Person, empfehlen wir dir, deine Nachrichten öfter zu checken. Dies liegt vermutlich besonders in deinem Interesse (wenn es zum Beispiel um eine Hausarbeit geht). Setze dir hierfür feste Zeiten, an denen du dein Postfach prüfst & halte diese bestmöglich ein.
- Anstatt dich für Verzögerungen in Korrespondenzen zu entschuldigen, könntest du dich auch für die dir entgegengebrachte Geduld bedanken.
- Sendet eine Professor*in häufig kurzfristig vor dem betreffenden Seminar neue Aufgaben, solltest du höflich das Gespräch suchen & mutig die Erwartungen klären „Erwarten sie, dass wir diese Aufgabe dann noch kurzfristig erledigen? Setzen Sie dieses Wissen für die Sitzung voraus?“ Offene Gespräche über Erwartungen helfen dir dabei, Vermutungen & Annahmen durch Klarheit zu ersetzen. Es wird keine Sanktionen geben, wenn du die kurzfristig angekündigten Aufgaben nicht bearbeitet hast. Es entsteht vielleicht dennoch ein Nachteil für dich, da du der betreffenden Veranstaltung vermutlich nicht ganz folgen kannst. Kurzfristige Zusatzaufgaben sollten nicht die Regel sein.
- Sehr unregelmäßiges Prüfen deiner E-Mails wirkt sich oft ungünstig auf dein Studium aus, da dich wichtige Informationen zu spät erreichen.
- Finde deinen Mittelweg zwischen den Polen „Postfach verdrängen“ & „permanent prüfen“ - Ein definierter Zeitraum für die E-Mail-Arbeit kann dir helfen, eine Routine zu entwickeln.
Eine Übung für die, die wirklich viel Stress wegen ihrer E-Mails haben - Katastrophendenken:
„Ich muss meine Mails stündlich checken, es ist unzuverlässig, wenn ich das nicht tue. Ich bin unhöflich, wenn ich nicht gleich antworte.“ „Wenn ich die Mails nicht täglich lese, schaffe ich alles nicht mehr.“
Eine Übung:
Lies deine Mails für einen Tag nicht & beobachte, was passiert. Wie fühlst du dich? Wie reagiert dein Umfeld? Welche Konsequenzen gibt es?
Um dich zu schützen, ist es in Ordnung, deine Grenzen gegen die Entgrenzung zu setzen.